Stellen Sie sich vor, es gibt eine Gruppe von Chemikalien, die Ihr Leben in vielen Bereichen verbessern können – von Ihrer Teflonpfanne bis zur Outdoor-Kleidung, von Fast-Food-Verpackungen bis zur Weltraumforschung. Diese per- und polyfluorierten Alkylsubstanzen (PFAS), die seit den 1940er Jahren industriell hergestellt werden und zu denen zum Beispiel auch Teflon gehört, sind wahre Alleskönner: Sie machen Oberflächen wasser-, fett- und schmutzabweisend und haben eine hohe chemische und thermische Stabilität.

Doch was passiert, wenn diese nützlichen Chemikalien zu einem unsichtbaren Feind werden? PFAS sind nicht nur praktisch, sondern auch äußerst persistent (langlebig) und gesundheitsschädlich. Sie bauen sich in der Umwelt nicht ab und reichern sich immer weiter an – ein Problem für unsere Gesundheit und die Natur.

Das PFAS-Dilemma: Sollen wir diese Chemikalien weiterhin unverändert nutzen oder beschränken? Und welche Folgen hätte das? Diese Frage wird derzeit intensiv in ganz Europa diskutiert und berührt quasi alle Aspekte unseres täglichen Lebens. Lesen Sie weiter, um mehr über die Hintergründe und aktuellen Diskussionen rund um PFAS zu erfahren. (Aktualisiert am 22.06.2024)

PFAS: Eine Chemikalienkrise mit Folgen

PFAS haben viele Namen (Ewigkeitschemikalien, forever chemicals, Gift für die Ewigkeit) und keiner ist besonders schmeichelhaft. Es gibt heute mehr als 12.000 verschiedene PFAS und wohl ebensoviele Beiträge zu dem Thema. Dabei geht es um Fragen wie: was sind PFAS überhaupt, sind PFAS gefährlich, werde ich krank, wenn ich PFAS im Trinkwasser habe oder auch um die Frage, wie kann ich PFAS in Produkten erkennen und vermeiden?

Entdecken Sie mehr über PFAS

Hier finden Sie eine erste Einführung in das Thema PFAS und weiterführende Informationen, die ich direkt verlinkt habe. So können Sie sich ausführlich durch das Thema "hindurch lesen". Zur besseren Übersicht habe ich die Beiträge in verschiedene Rubriken unterteilt:

🌎 "Umfassend informiert: Klicken Sie auf 'Global', um zu erfahren, wie PFAS von einem globalen Erfolg zu einem weltweiten Problem wurden und welche gesundheitlichen Auswirkungen das für uns hat.

🌄Lesen Sie in "Mittelbaden" die Einzelheiten über den PFAS-Skandal in Rastatt und Mittelbaden - unser "Freilandexperiment mit unbekanntem Ausgang", und erfahren Sie, wie man dort seit rund 12 Jahren mit der großflächigen PFAS-Belastung in Boden, Wasser und Ökosystemen lebt und welche Gegenmaßnahmen es gibt.

💦 Blog-Aktuelles: Ich blogge hier seit zwei Jahren regelmäßig über PFAS; in den verschiedenen Artikeln finden Sie die neuesten Informationen über PFAS, Zusammenfassungen, Jahresrückblicke, Glossen oder auch etwas über meine persönliche Fragen zu PFAS: "Was ist eigentlich mit PFAS und Kohlrouladen?"

❓  PFAS-frei: Erfahren Sie ausführlich, wie Sie PFAS-freie Produkte erkennen, welche Alternativen es gibt und welche Unternehmen in diesem Bereich führend sind.

🗣 "PFAS-Gespräche": Lesen Sie meine Interviews mit Experten und Betroffenen, die ihre Erfahrungen und Einschätzungen zum Thema PFAS teilen.

🖊  PFAS-Broschüren: Laden Sie meine Broschüren von 2021 und 2023 herunter, die die Belastung in Mittelbaden und die globalen Erkenntnisse über PFAS zusammenfassen. Erfahren Sie mehr über Trinkwasser, Grenzwerte, Lebensmittel und PFAS-Beschränkungen. Beide Broschüren stehen als freier Download zur Verfügung.

🎤 Vorträge und Fragen? Und wenn Sie mehr über mich erfahren wollen oder an meinen Vorträgen zum Thema PFAS interessiert sind, klicken Sie hier.

 

Erste Einblicke in die Ewigkeitschemikalien PFAS:

PFAS: Fluch oder Segen? Die Chemikalien sind aus unserer modernen Welt nicht wegzudenken und erleichtern uns das Leben. Ohne Teflon gibt es möglicherweise keine moderne Medizin, keine Marsroboter oder E-Mobile. Mit Teflon kann es aber auch zur Gefährdung von Menschen und Ökosystemen kommen, denn:

PFAS können bei ihrer Produktion, bei der Verwendung und bei ihrer Entsorgung in die Umwelt gelangen.

Die Chemikalien verbreiten sich über Luft, Flüsse und Ozeane und man findet sie weltweit in allen Ökosystemen. In Eisbären oder Möwen ebenso wie in Wildschweinen oder Regenwürmern. Sogar in der Meeresgischt und im Regen hat man sie gemessen. Und das ist die "dunkle" Seite der PFAS, denn die Stoffe sind persistent und gesundheitsschädlich, jeder wird sie mittlerweile im Blut haben. PFAS sind also ein klassisches Dilemma und die Suche nach Alternativen zu den "Umweltgiften für die Ewigkeit" hat längst begonnen.

Meer mit Vögeln

PFAS: Aufnahme und Grenzwerte

Wir nehmen die Chemikalien über die Nahrungskette auf, relevant sind Trinkwasser, Fisch und Meeresfrüchte. Weitere tierische Produkte, insbesondere Innereien, aber auch Milch und Milchprodukte, Fleisch, Eier sowie pflanzliche Lebensmittel können messbare Gehalte an PFAS aufweisen und langfristig zu messbaren Gehalten z.B. im Blutplasma führen. Man geht mittlerweile davon aus, das jeder PFAS im Blut hat.

Auch in der neuen EU-Trinkwasserrichtlinie sind PFAS nun berücksichtigt. Die neue EU-Trinkwasserrichtlinie (DWD) ist nach ihrer Veröffentlichung im Dezember 2020 am 12. Januar 2021 in Kraft getreten. Am 31. März 2023 hat der Bundesrat die neue Trinkwasserverordnung gebilligt, die am 24.6.2023 in Kraft getreten ist und die erstmalig Grenzwerte für PFAS enthält.


Wasser fließt in ein Becken

Ab dem 12. Januar 2026 gelten 0,1 Mikrogramm pro Liter (µg/L) als Summengrenzwert für eine Gruppe von 20 trinkwasserrelevanten PFAS-Substanzen. Für vier spezielle Substanzen aus der PFAS-Gruppe (PFHxS, PFOS, PFOA, PFNA) sieht die TrinkwV ab 2028 zusätzlich einen Grenzwert von 0,02 µg/L für die Summe aus diesen Verbindungen fest“, so das Umweltbundesamt in einer Pressemitteilung.

Die Grenzwerte müssen dann von den Wasserversorgern überprüft und eingehalten werden. Das Umweltbundesamt rät allerdings dazu, dass die Wasserversorger die PFAS-Werte im Trinkwasser vorsorglich überprüfen, um gegebenenfalls Gegenmaßnahmen einleiten zu können.

Bei Lebensmitteln gibt es für PFAS EU-weite Vorgaben: die Europäische Kommission hat aufgrund wachsender Erkenntnisse neue Grenzwerte für die zulässigen Höchstwerte für vier langkettige PFAS in Lebensmitteln veröffentlicht, die seit dem 1.1.2023 für Eier, Fische, Krebstiere, Muscheln sowie für Fleisch und Schlachtnebenerzeugnisse von Nutz- und Wildtieren gelten. 

Austern auf einem Teller

PFAS-Verbot als Konsequenz

Während die globale PFAS-Belastung also immer (noch) weiter zunimmt, hinkt die Regulierung der fluorierten Chemikalien hinterher.  Verbote einzelner PFAS existieren zwar, aber dieses Vorgehen erweist sich angesichts der schieren Zahl der Stoffe als nicht unbedingt zielführend und auch nicht als schnell genug.

Deshalb haben die Behörden Deutschlands, der Niederlande, Dänemarks, Norwegens und Schwedens am 13. Januar 2023 unter REACH, der Chemikalienverordnung der Europäischen Union, einen gemeinsamen Vorschlag zur Beschränkung von per- und polyfluorierten Alkylsubstanzen (PFAS) bei der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) eingereicht. Das vermeintliche PFAS-Totalverbot wird sehr kontrovers diskutiert und die Chemie- und Industrieverbände warnen lautstark vor den vermeintlichen Folgen.

Von der Absicht zum Vorschlag zur Entscheidung

Es gibt drei Phasen im Prozess des Verbots der Verwendung von PFAS. 
Der erste (abgeschlossene) Schritt bestand darin, einen Beschränkungsvorschlag vorzubereiten und einzureichen.

Die zweite Phase begann mit der Einleitung einer öffentlichen Konsultation. Jeder konnte Informationen oder eine Stellungnahme zu dem Vorschlag einreichen. Diese Phase endete am 25.9.2023. "Während der Konsultation sind Kommentare aus 53 Ländern bei der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) eingegangen. 23 % der Kommentare kamen dabei aus Deutschland. 68 % der Kommentare wurden von Industrieverbänden oder Unternehmen eingereicht, 28 % von Einzelpersonen und 4 % sind Kommentare von Nicht-Regierungsorganisationen, Behörden, Forschungseinrichtungen oder anderen Organisationen", schreibt das Umweltbundesamt in einer Pressemitteilung. Weitere Details und Abbildungen sind, ebenso wie der Zeitplan, auf der Seite der ECHA öffentlich (https://echa.europa.eu/de/-/echa-receives-5-600-comments-on-pfas-restriction-proposal). Der nächste Schritt besteht nun darin, dass die wissenschaftlichen Ausschüsse für Risikobeurteilung (RAC) und sozioökonomische Analyse (SEAC) der ECHA ihre Stellungnahmen vorbereiten.

In der letzten Phase erarbeitet die Europäische Kommission einen Vorschlag. Die Mitgliedstaaten werden entscheiden, ob sie diesen Vorschlag annehmen oder nicht. Nach der Entscheidung treten die Rechtsvorschriften in Kraft.

Gibt es PFAS-freie Produkte?

Ja, natürlich gibt es auch jetzt schon PFAS-freie Produkte, zum Beispiel bei Outdoorjacken oder Pfannen, Kosmetik, Coffee-to-Go-Bechern, Farben, Kindersitzen, Wärmepumpen, Fotovoltaikanlagen etc. etc.. Es ist aber ein bisschen aufwändiger, diese Sachen zu finden, ausführliche Informationen dazu gibt es hier in dem Artikel PFAS-frei, eine Übersicht und in PFAS: Ja, nein, vielleicht.

PFAS-Belastung im Landkreis Rastatt

In Mittelbaden im Landkreis Rastatt (Baden-Württemberg) sind die Chemikalien über mutmaßlich damit belasteten Papierschlamm-Komposte auf die Äcker gekommen und haben dort zu einer großflächigen Belastung von Boden und Wasser geführt; 1105 Hektar Boden und 58 Quadratkilometer des Grundwassers sind betroffen. Die Landwirtschaft wird kontrolliert, Beregnungs- und Gartenbrunnen sind reglementiert, das Trinkwasser muss gereinigt werden, die KLäranlagen bauen eine vierte Reinigungsstufe ein, um die Chemikalien herauszufiltern. In Blutuntersuchungen hat sich gezeigt, dass Teile der Bevölkerung die PFAS auch im Blut haben.

Der PFAS-Skandal zwischen Rastatt und Bühl ist eines der aktuellsten und flächenmäßig größten Beispiele für eine regionale Belastung, steht aber auch symptomatisch für die wachsende globale Bedrohung durch die „Ewigkeits-Chemikalien-PFAS“.

PFAS-Infoveranstaltung in Rastatt, Foto Klatt

All dies zeigt deutlich, wie komplex, zeitaufwändig, teuer und langwierig das PFAS-Problem insgesamt ist.

"Man muss sich fragen, wo die Stoffe überall enthalten sind. Und diese Frage werden wir nicht beantworten können. Die PFAS, die jetzt in die Umwelt gelangen, werden dort für immer bleiben. Es ist daher sehr dringend, die Stoffe zu begrenzen". (Martin Scheringer, ETH Zürich)

 

Weitere Infos gibt es auch hier:

  

© Text und Fotos: Patricia Klatt, Foto Austern: Pascal Fournier

 

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