Per- und polyfluorierte Chemikalien: Fluch oder Segen der modernen Welt?

 

Per- und polyfluorierte Chemikalien (PFAS/PFC) sind eine große Gruppe industriell hergestellter Fluorchemikalien, die in den 1940er Jahren entwickelt wurden. Sie werden wegen ihrer wasser-, fett- und schmutzabweisenden Funktion in vielen Produkten genutzt. Man findet die Stoffe heute überall, von der Teflonpfanne über Fast Food Verpackungen hin zu Outdoor-Kleidung, sogar die Weltraumforschung kommt ohne PFAS nicht aus.

PFAS sind auf der einen Seite also eine Erfolgsgeschichte und erleichtern uns das moderne Leben. Auf der anderen Seite sind sie aber auch Ursache für die Gefährdung von Menschen und Ökosystemen, denn PFAS sind gesundheitsschädlich. Sie bauen sich in der Natur nicht ab, sondern reichern sich dort an. PFAS verteilen sich weltweit über Luft, Flüsse und Ozeane, man findet sie in Eisbären oder Möwen ebenso wie in Wildschweinen bis hin zu Regenwürmern.

Wir nehmen die Chemikalien über die Nahrungskette auf, relevant sind Trinkwasser, Fisch und Meeresfrüchte. Weitere tierische Produkte, insbesondere Innereien, aber auch Milch und Milchprodukte, Fleisch, Eier sowie pflanzliche Lebensmittel können messbare Gehalte an PFAS aufweisen und langfristig zu messbaren Gehalten z.B. im Blutplasma führen. Man geht mittlerweile davon aus, das jeder PFAS im Blut hat.

Während die globale PFAS-Belastung also immer (noch) weiter zunimmt, hinkt die Regulierung der fluorierten Chemikalien hinterher.  Verbote einzelner PFAS existieren zwar, aber dieses Vorgehen erweist sich angesichts der schieren Menge der Stoffe - je nach Definition zwischen 4700 - 10000 - als nicht unbedingt zielführend und auch nicht als schnell genug.

Deshalb haben die Behörden Deutschlands, der Niederlande, Dänemarks, Norwegens und Schwedens am 13. Januar 2023 unter REACH, der Chemikalienverordnung der Europäischen Union, einen gemeinsamen Vorschlag zur Beschränkung von Per- und polyfluorierten Alkylsubstanzen (PFAS) bei der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) eingereicht.

Auch in der neuen EU-Trinkwasserrichtlinie sind PFAS nun berücksichtigt. Die neue EU-Trinkwasserrichtlinie (DWD) ist nach ihrer Veröffentlichung im Dezember 2020 am 12. Januar 2021 in Kraft getreten. Aufgrund der zweijährigen Übergangsfrist muss in Deutschland bis spätestens zum 12. Januar 2023 eine neue Trinkwasserverordnung in Kraft gesetzt werden, um die seit 2019 geltende Fassung der TrinkwV abzulösen (Borchers et al, 2022). Der aktuelle Referentenentwurf zur Trinkwasserverordnung sieht die Übernahme des Grenzwertes der Trinkwasserrichtlinie Summe PFAS-20 (als Einzelsubstanzen) zum 12.01.2026 vor. Zusätzlich soll ein nationaler Grenzwert Summe PFAS-4 (PFHxS, PFOA, PFOS, PFNA) eingeführt werden, welcher zum 12.01.2028 Gültigkeit erlangt.

Auch bei Lebensmitteln gibt es für PFAS nun EU-weit Vorgaben: die Europäische Kommission hat aufgrund wachsender Erkenntnisse neue Grenzwerte für die zulässigen Höchstwerte für vier langkettige PFAS in Lebensmitteln veröffentlicht, die seit dem 1.1.2023 für Eier, Fische, Krebstiere, Muscheln sowie für Fleisch und Schlachtnebenerzeugnisse von Nutz- und Wildtieren gelten. 

 

PFAS in Mittelbaden

In Mittelbaden sind die Chemikalien über mutmaßlich damit belasteten Papierschlamm-Komposte auf die Äcker gekommen und haben dort zu einer großflächigen Belastung von Boden und Wasser sowie zu einer Belastung im Blut von Teilen der Bevölkerung geführt.

Der PFAS-Skandal in Mittelbaden ist eines der aktuellsten und flächenmäßig größten Beispiele für eine regionale Belastung, steht aber auch symptomatisch für die wachsende globale Bedrohung durch die „Ewigkeits-Chemikalien-PFAS“.

 

Weitere Infos zu den PFAS allgemein und zu den PFAS in Mittelbaden finden Sie hier unter den verschiedenen Rubriken auf dieser Seite

oder in der

PFAS-Broschüre oder auch in

Klatt, P., (20.04.2020), Umweltgifte für die Ewigkeit, Spektrum Die Woche online
Klatt, P., Zehn Jahre PFAS-Belastung in Mittelbaden, Mitt Umweltchem Ökotox 2/2022

PFAS-Report 2022, Per- und Polyfluorierte Alkylsubstanzen, Überblick und Situation in Österreich

Borchers et al. (2022). energie | wasser-praxis 09/2022. PFAS im Trinkwasser: ein erster Überblick über Befunde und Herausforderungen für die Wasserversorgung

 

 

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