Willkommen in der komplexen Welt der PFAS! Diese allgegenwärtigen Chemikalien, die in einer Vielzahl von Produkten von Kosmetik bis zu Outdoor-Ausrüstung vorkommen, werfen viele Fragen auf. Welche Risiken bergen sie? Warum sind sie so schwer zu vermeiden?

Auf dieser Seite wie auch auf dem Blogbeitrag "PFAS-frei, eine Übersicht" gehe ich auf die Herausforderungen, Anwendungen und Kontroversen rund um das Thema PFAS ein. Tauchen Sie ein in die Materie und entdecken Sie, warum eine fundierte Entscheidung in Sachen PFAS alles andere als einfach ist. Lesen Sie weiter, um mehr zu erfahren und sich ein eigenes Bild zu machen.

Von der Zeugung bis zur Bahre: Unsere "wunderbare PFAS-Welt“

PFAS, ja, nein, vielleicht? Wenn Sie sich diese Frage bei dem ein oder anderen Produkt schon einmal gestellt haben, ist Ihnen sicher aufgefallen, dass man das nicht so einfach beantworten kann.  Denn es gibt keine Kennzeichnungspflicht für PFAS.

Ein erster Ansatzpunkt für einen Überblick "in Sachen PFAS" sind die Suchmaschinen oder auch ChatGPT:

Die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten von PFAS-Chemikalien sind aber selbst für Fachleute schwer zu durchschauen. Unterschiedliche chemische Gruppen, vielfältige Anwendungsbereiche und mangelnde Transparenz aufgrund von Betriebsgeheimnissen machen es fast unmöglich, einen klaren Überblick zu gewinnen.

In einer Diplom-Arbeit der TU Wien fand man heraus, dass "der Haupteintragspfad von Perfluorsulfonsäuren in den Haushalt Textilien sind, während Perfluorcarbonsäuren vor allem durch Importe aus dem Prozess „Körperpflege“ bestimmt sind. ... Vor allem die Importe „Sonnenschutzmittel“, „Body Lotion“, „Concealer“, „Teppiche“, „Vorhänge“, „Shirts“ und „Hosen“ spielen eine wichtige Rolle beim PFAS-Eintrag in Haushalte". (https://repositum.tuwien.at/handle). 

Und ein umfassender Bericht der ETH Zürich fasst die bekannten Fakten auf 39 Seiten zusammen, allein die Übersichtstabellen umfassen zwölf Seiten.

Man identifiziert dort für mehr als 1400 einzelne PFAS mehr als 200 Verwendungen in 64 Kategorien.

Ein Beispiel für die Komplexität der PFAS-Verwendung ist die Elektronik: Mobiltelefone enthalten mehrere PFAS, von der Fluorpolymerverdrahtung bis hin zur Beschichtung des Bildschirms. Ebenso paradox erscheint der Einsatz von PFAS in Wasserfiltersystemen und Zementfabriken. Trotz der Kosten und Bemühungen, PFAS aus Wasser und Abwasser zu filtern, werden diese Chemikalien oft in den verwendeten Filtermembranen und Zementadditiven selbst gefunden.

Im Bereich der Elektromobilität sind PFAS ebenfalls allgegenwärtig: von Fluorkohlenwasserstoff-Kältemitteln in Klimaanlagen über fluorhaltige Hydraulikflüssigkeiten bis hin zu wetterfesten Beschichtungen und schmutzabweisenden Textilien. Selbst die Lithium-Ionen-Batterien dieser Fahrzeuge sind stark auf Fluormaterialien angewiesen. (Could the world go PFAS-free? Nature, 01 August 2023,  Stop using F-Gases, ChemSec, 3.6.2024).

Für die Verwendung von PFAS in Verbrauchsgütern ist aber trotz allem bereits eine Änderung im Gange. Die Bekanntheit der toxischen Beispiele hat mehr als 100 Unternehmen und Marken, darunter Apple, dazu veranlasst, PFAS auslaufen zu lassen, noch bevor klar ist, ob andere Materialien die gleiche Arbeit leisten können.

Beschränkung der PFAS gefordert

Ein Dossier von fünf europäischen Ländern (Deutschland, Dänemark, Norwegen, Schweden und die Niederlande) fordert eine Beschränkung aller PFAS-Anwendungen, um die Umweltbelastung zu reduzieren. Dieses Dossier wurde im Februar 2023 bei der europäischen Chemikalienagentur ECHA eingereicht.

Die fünf Länder haben fast drei Jahre damit verbracht, die Auswirkungen eines Verbots von PFAS-Chemikalien in einem Dossier zu kartieren, das sich über fast 2.000 Seiten erstreckt. Es wird kontrovers diskutiert, Details dazu fasse ich in dem Blog-Beitrag: Beschränkte Sicht auf PFAS-Verbot zusammen. Die PFAS-Emissionen lagen im Jahr 2020 bei 75.000 Tonnen. Wenn das so weitergeht, würden die Emissionen in 4 Jahren voraussichtlich bei 4,40 Millionen Tonnen liegen.

"Wenn keine Maßnahmen ergriffen werden, werden die gesellschaftlichen Kosten aufgrund der fortgesetzten Nutzung wahrscheinlich irgendwann die Kosten übersteigen, die jetzt mit ihrer Einschränkung verbunden sind. Die beste Maßnahme ist, PFAS gar nicht erst in die Umwelt gelangen zu lassen und die Verwendung von PFAS zu beschränken. Daher haben fünf Länder Deutschland, Niederlande, Schweden, Dänemark und Norwegen ein Dossier verfasst um eine Beschränkung der PFAS zu begründen und vorzuschlagen. Angestrebt wird ALLE Anwendungen von Allen PFAS zu adressieren und dann im Einzelfall zu schauen ob eine Beschränkung verhältnismäßig ist und ggf. Ausnahmen zu geben" (Jona Schulze, Umweltbundesamt)

Für industrielle Anwender ist die Idee eines Lebens ohne PFAS jedoch eine schockierende Aussicht. Der Vorschlag vom Februar hat eine Debatte darüber ausgelöst, welche Verwendungen fluorierter Chemikalien die Welt hinter sich lassen könnte - und welche bleiben müssen.

Darüber wurde auch am 24. April 2024 im Umweltausschuss des Bundestages von PolitikerInnen und neun Sachverständigen/Innen der Pro- und Contra-Lager zwei Stunden lang diskutiert. Die gesamte Sitzung sowie die jeweiligen Positionspapiere sind in der Mediathek des Umweltausschusses online gestellt.

PFAS: Ja, nein, vielleicht?

PFAS sind also in zahlreichen Alltagsprodukten zu finden, eine umfassende Deklaration der PFAS-Verwendung ist jedoch noch nicht absehbar. Der Hinweis "PFOA-frei" ist oft irreführend, da PFOA nur eine von rund 12.000 PFAS ist. Angesichts dieser weitverbreiteten Nutzung ist die Suche nach Alternativen eine enorme Herausforderung. Der Vorschlag für ein EU-weites Verbot von PFAS ist der erste seiner Art weltweit und wird intensiv diskutiert.

ChemSec unterstützt PFAS-Beschränkung

"Heute beginnen die Diskussionen über das bevorstehende Verbot von PFAS-Chemikalien in der Europäischen Union. Durch eine Kampagne der schwedischen Umwelt-NGO ChemSec unterstützen mehr als hundert Verbrauchermarken im Wert von mehr als 130 Milliarden Euro ein umfassendes Verbot dieser schädlichen Chemikalien".  (PM ChemSec  22.03.2023)
Viele Unternehmen sprechen sich gegen PFAS-Chemikalien aus, da die EU die Öffentlichkeit auffordert, ihre Meinung zum vorgeschlagenen Verbot dieser schädlichen Chemikalien abzugeben. 108 Unternehmen mit einem Umsatz von mehr als 130 Milliarden Euro, die sich für den Ausstieg aus PFAS-Chemikalien aus Produkten und Prozessen einsetzen, haben sich der PFAS-Bewegung angeschlossen, einer von ChemSec initiierten Lobbykampagne, die eine umfassende Regulierung von PFAS in der EU fordert.

Die kommenden Diskussionen und Maßnahmen werden entscheidend sein, um die Nutzung dieser schädlichen Chemikalien zu reduzieren und eine sicherere Zukunft zu gewährleisten. 

 

Beispiele für PFAS: ja/nein/vielleicht?: 

Link:

(1) An overview of the uses of per- and polyfluoroalkyl substances (PFAS), Glüge et al., Environ. Sci.: Processes Impacts, 2020, 22, 2345-2373, (freier Download)

 

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