PFAS / Teflon im Fahrrad-Öl, Foto Klatt

Braucht man das oder kann das weg?

 

PFAS-frei, das ist wird erst langsam ein Thema der Werbe- und Marketingstrategen und so steht der Verbraucher eigentlich überall vor dem Problem, PFAS-freie Angebote überhaupt zu erkennen, um sich wenigstens bewusst dafür oder dagegen entscheiden zu können.

Zusätzlich ist "PFAS-frei" auch ein gravierendes Kommunikationsproblem, denn die Zahl derer, die überhaupt wissen, was PFAS heißt, ist nicht hoch und die Zahl derer, die wissen, dass man mit PFAS und PFC das gleiche meint, wohl noch viel kleiner.

Und wer weiß schon, wieviele PFAS es nun gibt und welche schädlich sind?  Das wäre dann die nächste Frage...

 

Update 22.03.2023:

PFAS-frei? Wir sind dabei!

So langsam kommt dann doch Schwung in die Sache und man könnte meinen, "PFAS-frei" entwickelt sich zur positiven Marketingaussage. Nachdem Anfang März ein internationales Journalisten-Team das Ergebnis ihrer monatelangen Recherchen des Forever Pollution Projects inklusiver interaktiver Verbreitungskarte vorgestellt hat, weiß man, dass in Deutschland rund 1.500 Stellen und europaweit an die 20.000 Stellen mit PFAS belastet sind. Ähnliche Karten gibt es aus Amerika und Ausstralien. Man redet also über PFAS und viele Verbraucher fragen sich: Braucht man das oder kann das weg?

Die schwedische NGO ChemSec zeigt auf ihrer Homepage und bei Veranstaltungen schon seit längerem schon auf, dass man weitgehend auch ohne die fluorierten Chemikalien in den meisten Produkten leben kann. Heute hat ChemSec das mit einer aktuellen Pressemitteilung erneut unterstrichen:

"Marken im Wert von mehr als 130 Milliarden Euro wollen, dass die EU PFAS-Chemikalien verbietet"

"Heute beginnen die Diskussionen über das bevorstehende Verbot von PFAS-Chemikalien in der Europäischen Union. Durch eine Kampagne der Umwelt-NGO ChemSec unterstützen mehr als hundert Verbrauchermarken im Wert von mehr als 130 Milliarden Euro ein umfassendes Verbot dieser schädlichen Chemikalien.

Viele Unternehmen sprechen sich gegen PFAS-Chemikalien aus, da die EU die Öffentlichkeit auffordert, ihre Meinung zum vorgeschlagenen Verbot dieser schädlichen Chemikalien abzugeben. 108 Unternehmen, die sich für den Ausstieg aus PFAS-Chemikalien aus Produkten und Prozessen einsetzen, haben sich der PFAS-Bewegung angeschlossen, einer von der Umwelt-NGO ChemSec initiierten Lobbykampagne, die eine umfassende Regulierung von PFAS in der EU fordert.

 

Quelle: ChemSec

 

Zu den Mitgliedern gehören viele bekannte Marken wie die H&M Group, Urbanears und The Cookware Company, die verschiedene Branchen repräsentieren - Mode, Haushaltswaren, Lebensmittel und Körperpflege. Die Mitglieder haben einen Gesamtumsatz von mehr als 130 Milliarden Euro.

"Ein europäisches Verbot von PFAS-Chemikalien wird enorme Auswirkungen auf alle produzierenden Industrien haben und den Unternehmen in der globalen Lieferkette viel Arbeit abverlangen. Einige Teile der Branche lehnen dieses Verbot jedoch ab und behaupten, dass die Änderung zu groß sei, um gerechtfertigt zu sein. Deshalb ist die Unterstützung für ein Verbot von so einflussreichen Verbrauchermarken wie denen der PFAS-Bewegung so wichtig. Es ist ein starkes Zeichen dafür, dass Unternehmen PFAS-Chemikalien in Produkten und Prozessen eliminieren wollen", sagt Anne-Sofie Bäckar, Executive Director bei ChemSec.

Die Gesundheits- und Umweltbedrohungen durch PFAS haben zusammen mit all den Klagen auch bei einer anderen einflussreichen Gruppe Aufmerksamkeit erregt: institutionellen Anlegern. Im vergangenen Jahr schickten 47 institutionelle Investoren mit einem Vermögen von acht  Billionen US-Dollar einen Brief an 54 von ChemSec genannte Chemieunternehmen, in dem sie sie aufforderten, die Produktion von persistenten "Forever Chemicals" einzustellen.

Die PFAS-Emissionen lagen im Jahr 2020 bei 75.000 Tonnen. Wenn das so weitergeht, werden die Emissionen in 4 Jahren voraussichtlich bei 4,30 Millionen Tonnen liegen. Deswegen ist das vorgeschlagene EU-Verbot von PFAS notwendig und umfassend und das erste seiner Art weltweit. Die Idee wurde ursprünglich von Schweden, Dänemark, den Niederlanden, Deutschland und Norwegen initiiert, die fast drei Jahre damit verbracht haben, die Auswirkungen eines Verbots von PFAS-Chemikalien in einem Dossier zu kartieren, das sich über fast 2.000 Seiten erstreckt."

(übersetzt aus der Pressemitteilung von ChemSec vom 22.3.2023)

 

Update 25.09.2022:

PFAS in Fahrrad-Schmiermitteln

Beim Fahrradfahren ist es wichtig, dass die Kette(n) geschmiert sind, damit das Rad gut läuft, egal ob bei einer gemächlichen Tour oder einem schnellen Rennen. Es gibt sehr viele Schmiermittel für Räder und auch hier ist die Frage, sind dafür die PFAS wie zum Beispiel Teflon (PTFE) notwendig oder können die weg? 
Ich habe diese Frage auf meinem Twitter-Account gestellt und dort eine eindeutige Antwort bekommen: das kann weg!


Die Fachleute versuchen seit längerem, die PFAS-Verwendung nach dem Prinzip der Notwendigkeit (essentiell use concept) zu kategorisieren, was nicht trivial ist. In der Veröffentlichung von Glüge et al: Information Requirements under the Essential-Use Concept: PFAS Case Studies in Environmental Science&Technology, werden Beispiele für PFAS-Verwendung vorgestellt und eingeordnet. Dort heißt es unter anderem:
„Polytetrafluorethylen (PTFE) wird verschiedenen Arten von Fahrradschmiermitteln zugesetzt, einschließlich Trockenschmiermitteln, Nassschmiermitteln und Wachsschmiermitteln. (…) Nassschmierstoffe enthalten größere Mengen höherviskoser synthetischer Öle und Additive wie PTFE und sind für das Fahren bei Nässe gedacht. (…) Es gibt Schmiermittel auf dem Markt, die kein PTFE enthalten und laut Tests und Benutzererfahrungen gute Leistungen erbringen. 
Die Anbieter alternativer Schmierstoffe geben an, dass ihre Schmierstoffe „pflanzlich“ sind und sich schnell zersetzen, aber es werden keine Angaben zu den Testergebnissen zur biologischen Abbaubarkeit gemacht. Es ist jedoch davon auszugehen, dass im Vergleich zur extremen Persistenz von PTFE die Persistenz dieser Alternativen deutlich geringer ist. 


Fazit: Obwohl PFAS in Fahrradschmiermitteln die Schmierleistung erhöhen können, werden sie technisch nicht benötigt, um Ketten geschmiert zu halten. Außerdem sind seit jeher PFAS-freie Produkte auf dem Markt erhältlich. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Verwendung von PFAS in Fahrradschmiermitteln nicht unbedingt erforderlich ist.

 

Foto Klatt


Erfreulicherweise ist es keine Theorie, sondern funktioniert offenbar auch in der Praxis, denn es gibt Produkte ohne PFAS. Auch hier war ein Link von Hans Peter Arp erhellend: BikeRumor How are chain lube manufacturers making their lubes less toxic (19.11.2021).

Der Blogbeitrag geht der Frage nach, welche Umweltauswirkungen die Schmierung des Antriebsstrangs haben kann und man möchte von verschiedenen Herstellern von Fahrradschmiermittel wissen, was sie unternehmen, um ihre Produkte weniger giftig und umweltfreundlicher zu machen.

Josh Pörtner, CEO von SILCA sagt dort beispielsweise, … „Was wir entdeckten, war eine Schmiermitteltechnologie, die PTFE und anderen PFAS-verwandten Chemikalien weit überlegen war und die auch als absolut sicher für den Kontakt mit Menschen, mit Wasser und als sicher für Wasserlebewesen angesehen wurde. (…) Ich hoffe, dass wir durch diese Diskussionen und so offen und transparent wie möglich andere Hersteller dazu inspirieren können, von diesen gefährlichen und giftigen Chemikalien wegzugehen und sich sichereren (und leistungsfähigeren) Inhaltsstoffen zuzuwenden. Leider sind die größten Hürden hier wahrscheinlich die Kosten; Es kostet nur ein paar Cent, PTFE oder ähnliche PFAS-Partikel in ein giftiges VOC wie Heptan zu geben, in vielen Fällen bestehen diese Schmiermittel nur zu 5-10% aus Schmiermitteln in einem flüchtigen Träger und sind daher extrem billig herzustellen und können mit sehr hohen Gewinnspannen verkauft werden.“  
Beiträge weiterer Firmen können in dem Orginalbeitrag nachgelesen werden. Die Zitate hier sind aus dem Englischen übersetzt.


Und nun würde mich doch interessieren, wieviele Radfahrer wissen, ob in den Schmiermitteln, die sie verwenden, Teflon enthalten ist? Und wieviele überlegen, ob diese Mittel umweltfreundlich sind? 

#PFAS #PFASWorld #Fahrrad #bicyclelubricants

 

Update 10.05.2022:

Die NGO ChemSec setzt sich für den Ersatz giftiger Chemikalien durch sicherere Alternativen ein und unternimmt auch sehr viel, um das Thema PFAS einer breiteren Öffentlichkeit bewusst zu machen. ChemSec wurde 2002 gegründet und unterstützt unter anderem die Arbeit von Chemikern, Politikwissenschaftlern, Wirtschaftsexperten und Kommunikatoren. Die Organisation wird mit finanzieller Unterstützung der schwedischen Regierung, Stiftungen, Privatpersonen und anderen gemeinnützigen Organisationen betrieben. Der World Wide Fund for Nature, die Swedish Society for Nature Conservation, Friends of the Earth Sweden und Nature & Youth Sweden sind im Vorstand von ChemSec vertreten. ChemSec sitzt auch im Exekutivkomitee von IPEN und ist eine Mitgliedsorganisation im EEB (aus: https://chemsec.org/about-us/).

ChemSec unterstützt Unternehmen, in Produkten und Lieferketten von PFAS wegzukommen. Man findet dort die "Mitglieder der PFAS-Bewegung", eine Liste von Firmen, die ein Verbot von PFAS unterstützen: https://chemsec.org/pfas/pfas-movement-members/ 

Und ChemSec hat schon längst erkannt, dass Kommunikation ein "Zauberwort" ist und richtig gute Kommunikation viele Türen öffnet und neue Leute für das Thema "PFAS" interessiert. Jüngstes Beispiel ist "The PFAS Story: How did we end up here and what can be done about it?" inklusive "Rap-Battle against PFAS": https://youtu.be/1q06fUMT_U4.

Der Blick lohnt sich :)

 

1.10.2021

Das Umweltbundesamt bemüht sich seit Jahren um eine praxistauglichere Gestaltung und hat dazu unter anderem das Projekt LIFE AskREACH mit initiiert (https://www.askreach.eu/). In diesem Projekt wurde beispielsweise eine Smartphone-App für Verbraucheranfragen wie auch eine Datenbank zur Ermöglichung schnellerer Auskünfte erstellt.

Darüber hinaus gibt es einzelne Gütesiegel für Textilien, die die Verwendung von PFAS ausschließen wie GOTS und Blauer Engel für Textilien.

 

Auch verschiedene Gruppen wie die englische

pfasfree.org (https://www.pfasfree.org.uk/),

oder die amerikanische pfascentral.org (https://pfascentral.org/pfas-free-products/) oder

ChemSec (https://chemsec.org/pfas) haben Firmen aufgelistet, die auf PFAS verzichten.

 

Etwas Vergleichbares gibt es in Deutschland so nicht, aber viele der dort genannten Marken sind bei uns auch gängige Produkte. Verbraucher haben also zu mindestens hier die Möglichkeit, sich bewusst für oder gegen PFAS-freie Alternativen zu entscheiden. Auf diesen Seiten gibt es PFAS-freie Beispiele für Back-Equipment, Bekleidung, Kochgeschirr, Kosmetik, Zahnseide, Verpackungen für Lebensmittel, Möbel, Teppiche und Decken, Outdoor-Equipment, Schuhe oder auch Kindersitze für das Auto.

 

Fluorierte Chemikalien in Ihrer Kosmetik? Worauf man bei den Inhaltsstoffen achten sollte

PFAS werden in Kosmetikartikeln für spezifische technische Eigenschaften eingesetzt wie zur Beschichtung von Pigmenten oder als Filmbildner, zur haltbaren Formung und Gestaltung von Frisuren, um eine geschmeidige Textur zu erzielen oder auch, um Make-up-Produkte haltbarer und wasserfest zu machen. Nebenbei machen die Stoffe die Haut strahlender und fördern die Sauerstoffaufnahme durch die Haut. PFAS wurden in Sonnenschutzmitteln, Shampoo und Rasierschaum gefunden. Der Verbraucher kann auch hier nicht ohne weiteres erkennen, ob fluorierte Chemikalien in den Produkten enthalten sind.

Kosmetik mit oder ohne PFAS? Foto Klatt

 

Auch wenn die Aufnahme der PFAS über die Haut keine signifikante Rolle zu spielen scheint, hat man auch in diesem Fall das Problem, dass die diversen PFAS sowohl bei der Produktion, der Verwendung und bei der Entsorgung in die Umwelt gelangen können.

Die Kosmetikfirmen gehen unterschiedlich mit der PFAS-Problematik um. Weleda und dm verwenden beispielsweise nach eigenen Angaben keine PFAS in den Eigenmarken. Klarheit für die Verbraucher schafft letztendlich auch hier die Nachfrage bei den Produzenten oder die Verwendung entsprechender APPs wie https://cosmile.app.

Andrews, D. & Bruns,C. (14.03.2018) Is Teflon in Your Cosmetics? Environmental Working Group(EWG), EWG‘s Skin Deep,

 

#PFAS #BanPFAS #PFASfrei #pfasworld

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