ZeroPM Workshop in Göteborg

Wie kommen wir aus unserer bequemen, aber leider hartnäckigen und schädlichen "PFAS-Welt" heraus? Wie sehen es die Wissenschaftler, wie die Vertreter der Industrie und was sagen die Finanzwelt und die NGOs dazu? Warum es auch ein Leben ohne PFAS geben kann, ohne "in der Steinzeit" zu landen, auch wenn dies eine kleine Herausforderung ist, diskutierten Vertreter aller Richtungen zwei Tage lang auf dem ZeroPM-Workshop am 7. und 8. Februar in Göteborg.

 

Es gibt sie bereits, die kleinen Hoffnungsschimmer für eine Welt ohne PFAS, auch wenn Aufwand und Zeit enorm sind. Das wurde spätestens bei den Präsentationen von H&M und Sympatex klar, die den langen Weg beschrieben, mit dem man die PFAS aus den Produkten ersetzt hatte. Die Verbraucher hätten es anfangs nicht unterstützt, betonte Maria Åkerfeldt von der H&M Group, erst der Greenpeace Detox-Report hätte zu einem Umdenken geführt. 2010 gab es bei H&M die ersten PFAS-freien Overalls für Kinder und 2013 wurden die PFAS in Kleidung, Accessoires und Schuhen verboten.

Als PFAS Phase-Out Journey fasste Nicole Hühn das Vorgehen von Sympatex zusammen, dort verzichtet man auf PFAS und PFTE in den Membranen. Die PTFE-Membranen verursachten einen 30x-höheren CO2-Level, brauchten 2x so viel Wasser, seien nicht recycelbar und außerdem schädlich für die Umwelt und die Gesundheit.

Finanzwelt denkt um

Ein weiterer wichtiger Schritt in die Welt ohne PFAS ist auch das Umdenken der Finanzwelt.  In Göteborg berichtete Victoria Lindén vom Storebrand Assesment Management darüber, wieso sich Finanzinvestoren durchaus Gedanken um persistente Chemikalien wie die PFAS machen sollten. Storebrand ist eine nordische Finanzgruppe mit Hauptsitz in Oslo und einer der größten Vermögensverwalter in der nordischen Region, der über 1.000 Milliarden NOK in mehr als 5000 Unternehmen weltweit investiert hat. Storebrand kooperiert wie andere auch mit der NGO ChemSec. Im Jahr 2022  forderten Investoren mit einem verwalteten und beratenen Volumen von 8 Billionen US-Dollar  einem Brief an die CEOs der größten Chemieunternehmen der Welt auf, persistente Chemikalien auslaufen zu lassen, da die Branche wenig mache, um eine sich abzeichnende globale Krise zu stoppen. Diese Aktion wurde von Aviva Investors und Storebrand Asset Management koordiniert. Dass dieser Druck die Firmen durchaus zum Umdenken bewegen kann, zeigt die Ankündigung von 3M,  aus der Produktion von PFAS auszusteigen, als Hauptgrund für diese Entscheidung nannte 3M ausdrücklich die Nachfrage von Investoren.

 Nicht alle Länder sind auf dem gleichen „PFAS-Wissens-Regulations-Stand“ 

Notwendige Regulierungen und Verbote von persistenten Chemikalien, politische Entscheidungen, die Macht des Marktes und die der Verbraucher, man braucht letztendlich alle, um Wege in die PFAS-freie Welt zu finden. In Göteborg diskutierten die verschiedenen Interessensverbände darüber und es wurde auch klar, dass man in Europa durchaus noch nicht in allen Ländern auf dem gleichen „PFAS-Wissens-Regulations-Stand“ ist, in Frankreich, Spanien und Portugal fange diese Diskussion gerade erst an - eine weitere Herausforderung angesichts der bereits bestehenden oder kommenden europäischen Grenzwerte für die PFAS. Ebenso wie die Analysen der niedrigen neuen Werte – welche Laboratorien können das überhaupt leisten? Man komme da analytisch durchaus an die Nachweisgrenzen, war von manchen Betroffenen zu hören.

Globale Verschmutzung erfordert globale Zusammenarbeit

Theoretisch ist der Weg klar, praktisch sind viele Fragen offen; essenziell oder doch nicht, wie und wodurch kann man diese gefährlichen Chemikalien ersetzen und wie lange braucht man dafür? Ein Vertreter der chemischen Industrie betonte, dass das alles dann doch nicht so einfach sei, die Industrie brauche Jahre, um sich umzustellen; Chemikalien müssten benannt werden, dann brauche es Ersatz dafür, der auch nicht gefährlich sein dürfe, man brauche Tests dazu, ob die Eigenschaften des Materials durch den Ersatzstoff erhalten bleiben würden usw. usw. Dem widersprachen Vertreter von NGOs wie DUH und BUND nachdrücklich, das müsse schneller gehen, die kommenden Regulierungen wie die das im Januar eingereichte PFAS restriction proposal kämen ja schließlich nicht unerwartet. Außerdem sei auch bei der Transparenz noch Luft nach oben. 

Der angekündigte PFAS-Guide von ChemSec wird diesbezüglich hoffentlich Einiges ändern.

Harmonisierung und Verantwortung

Ein weiteres praktisches Problem ist die fehlende Harmonierung des Marktes, in der EU gelten dies PFAS-Werte, in den USA wieder andere. Wenn eine amerikanische Firma in Europa investieren wolle und dann feststelle, dass diese oder jene Chemikalien bei uns streng reguliert seien, dann sei die Reaktion eben: dann produziere ich hier eben nicht, so der Einwand von Industrievertretern. Man könnte das natürlich auch andersherum sehen und eine EU-Leadership bei dem verantwortungsvollen Umgang mit persistenten gesundheitsschädlichen Chemikalien hervorheben, alles eine Frage der Perspektive und der Gewichtung und, nebenbei bemerkt, auch der Verantwortung und der Folgekosten der Belastung von Menschen und Ökosystemen.

"Wir haben ab 2026 knallharte Vorgaben für das Trinkwasser, die müssen wir einhalten, da interessieren die Diskussionen nicht, das Wasser muss sauber sein!“  (Vertreter Wasserversorger)         

Herzlichen Dank an die Organisatoren und Referenten und Beteiligten dieses wunderbaren PFAS-Workshops, bei dem man die Perspektiven und Einstellungen vieler verschiedener Stakeholder kennenlernen konnte.

 

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