Denn sie wissen, was sie sagen

ARD-Panorama-29.9.2022: Das Jahrhundertgift -

Geschichte der PFAS = per-and polyfluoroalkylsubstances; in Deutschland unter dem Namen PFC = per- und polyfluorierte Chemikalien bekannt. Lea Busch und Johannes Edelhoff zeigen dort in Ausschnitten die Geschichte der PFAS und lassen Betroffene zu Wort kommen. Sie zeigen die Widerstände der Lobbyisten gegen die Regulierung der fluorierten Chemikalien als Gruppe und befragen auch drei Politiker dazu: Gerald Ullrich (FDP), Dr. Franziska Kersten (SPD) und die Umweltministerin Steffi Lemke (B90/Grüne).

 

PFAS Beschränkung notwendig

Steffi Lemke kennt natürlich die Tragweite der globalen PFAS-Belastung, verbunden mit der unbedingten Notwendigkeit einer weitreichenden Regulierung. Auf EU-Ebene erarbeitet man ein Konzept dazu, daran sind das Umweltbundesamt und das BMU beteiligt. Das Prinzip: die PFAS müssen als Gruppe verboten werden und nur gesamtgesellschaftlich notwendige Verwendungen sollen erlaubt bleiben. Das Ganze ist nicht trivial, denn es ist sehr schwierig zu entscheiden, welche Anwendung notwendig ist und welche nicht. Braucht man die teflonbeschichtete Zahnseide wirklich? Und was ist mit der Couch, die schmutzabweisend ist? Das ist beides "nice to have", aber ist es auch notwendig? Anders sieht es bei der Schutzkleidung oder manchen Industrieanwendungen aus, dabei kann man die PFAS zum Teil heute noch nicht ersetzen.

Auffassungen von Industrie und Wissenschaft unterschiedlich

Die Auffassungen von Industrie und Wissenschaft über die Einstufungen sind - wen wundert's - unterschiedlich. Die Verbände werden angehört, das Umweltbundesamt sucht nach Wegen und Möglichkeiten, alles ist sehr aufwendig und umfangreich. So betrachtet ist dann die Äußerung von Gerald Ullrich eigenartig, wenn er auf seinem Instagram-Account zu seinem Interview in der Panorama-Sendung sagt: "Daher ist eine differenzierte Bewertung der Stoffe geboten." Ich hätte gedacht, dass sich die Behörden seit Jahren mit eben jener differenzierten Betrachtung beschäftigen?


Und man sollte hier auch erwähnen, dass es für viele Anwendungen eben bereits Alternativen zu PFAS gibt beispielsweise wie bei Solar-Anlagen, s.a. https://pfas-dilemma.info/aktuelles/49-pfas-und-die-erneuerbaren. Herr Ullrich spricht darüber, die Produktion sicherer zu gestalten, da das Produkt selber (wie z.B. Teflon) ja sicher sei. Dagegen ist nichts zu sagen, was er vergisst zu erwähnen, ist der Aspekt der Abfallverwertung - was passiert mit den PFAS-beschichteten Materialien am Ende ihres Lebenszyklus?

Gesamten PFAS-Zyklus betrachten

Im Film erfahren wir: Eigentlich wäre es Sondermüll. Mal abgesehen davon, ob es überhaupt möglich ist, die PFAS-beschichteten Materialien von den anderen zu trennen, stellt sich hier doch auch die Frage, wer eigentlich diese Entsorgungskosten bezahlen soll? Und für die PFAS insgesamt bleibt die Frage, wer die Folgekosten der Sanierungen von PFAS-belastetem Boden und Wasser trägt – wenn das überhaupt möglich ist – und wer die Verantwortung für eventuelle Gesundheitsschäden und für die Schäden in den Ökosystemen übernimmt, jetzt und in der Zukunft. Die Hersteller der fluorierten Chemikalien, die Anwender, die Allgemeinheit? (s.auch https://www.spektrum.de/news/textilien-das-problem-mit-den-pfas/1851181).

Nicht ohne Grund betont das UBA immer wieder, dass man bei allem den gesamten Lebenszyklus der PFAS betrachten muss. Die Industrie kann sich da m.E. nicht wegducken und das Argument der Arbeitsplätz, die in Gefahr seien (Dr. Franziska Kersten (SPD)) wiegt schwer, aber die Belastung von uns und unserer Umwelt wiegt ebenfalls schwer.

Steffi Lemke hat deshalb völlig Recht, wenn sie sagt: (Zitat) "Es ist kein Problem, vor dem nur die deutsche Chemieindustrie stehen würde, die natürlich ein wichtiger Arbeitsplätze-Faktor und auch ein wichtiger volkswirtschaftlicher Faktor ist. Aber wir reden über einen Prozess, der auf wissenschaftlicher Basis über einen mittleren Zeitraum stattfindet, um menschliche Gesundheit und natürliche Lebensgrundlagen zu schützen. Und ich glaube, dass an diesem Prozess alle mittun können und sollen."

Und wenn jemand wissen möchte, wie das in Deutschland denn so aussieht mit den PFAS und dem Schutz von Mensch und Umwelt, der braucht ja nur mal einen Blick in die PFAS-Region Mittelbaden zu werfen. Oder nach Altötting, oder auf die Fische in den Flüssen in Niedersachsen. Oder man blicke auf Dordrecht in den Niederlanden, nach Norditalien, nach Flandern oder weiter weg nach Amerika und Australien oder China - oder einfach auf die Zivil- und Militärflughäfen in aller Welt. Sie alle haben ein PFAS-Problem.

Ein Beispiel dafür ist  der Flugplatz Manching, wo  bis 2011 das Grund- und Oberflächenwasser sowie das Erdreich in den nördlich angrenzenden Ortschaften Lindach und Westenhausen  durch den jahrzehntelangen Einsatz PFC-haltiger Löschmittel durch die Bundeswehr stark mit PFC belastet ist. Seit 2018 ist die Nutzung des Grundwassers per Allgemeinverfügung bis 2032 untersagt.

Planetarische Grenze überschritten

Hier sei dann auch noch einmal an den Kommentar von Prof. Ian Cousins erinnert, zu den PFAS - im Regen

Eine planetarische Grenze wurde überschritten, da die PFAS-Werte in Umweltmedien allgegenwärtig über den Richtwerten liegen.

“There has been an astounding decline in guideline values for PFAS in drinking water in the last 20 years. For example, the drinking water guideline value for one well known substance in the PFAS class, namely the cancer-causing perfluorooctanoic acid (PFOA), has declined by 37.5 million times in the U.S.” said Ian Cousins, the lead author of the study and professor at the Department of Environmental Science, Stockholm University. (...)
“It cannot be that some few benefit economically while polluting the drinking water for millions of others, and causing serious health problems. The vast amounts that it will cost to reduce PFAS in drinking water to levels that are safe based on current scientific understanding need to be paid by the industry producing and using these toxic chemicals. The time to act is now.”

 „Es kann nicht sein, dass einige Wenige wirtschaftlich profitieren, während sie das Trinkwasser von Millionen von anderen verschmutzen und damit schwerwiegende Gesundheitsprobleme verursachen. Die enormen Summen, die es kosten wird, PFAS im Trinkwasser auf Werte zu reduzieren, die nach aktuellem wissenschaftlichen Verständnis sicher sind, müssen von der Industrie bezahlt werden, die diese giftigen Chemikalien herstellt und verwendet. Die Zeit zum Handeln ist jetzt.“ (google übersetzer)

 

Der link zum Orginalpaper: Outside the Safe Operating Space of a New Planetary Boundary for Per- and Polyfluoroalkyl Substances (PFAS) von Ian T. Cousins*, Jana H. Johansson, Matthew E. Salter, Bo Sha, and Martin Scheringer: https://pubs.acs.org/doi/10.1021/acs.est.2c02765

 

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