Der 5. Dezember ist Weltbodentag (World Soil Day) – Dieser Tag wird weltweit gefeiert und steht im Zeichen der Bedeutung der Böden für unsere Umwelt, Landwirtschaft und das gesamte Ökosystem. Der Tag soll auf die Dringlichkeit hinweisen, Böden zu schützen und nachhaltig zu nutzen. 🌍🌱
Ein aktuelles und weltweit prägendes Beispiel für die Bedrohung der Böden ist die Belastung durch PFAS (Per- und Polyfluoralkylsubstanzen), die als "Forever Chemicals" bekannt sind. Mittelbaden ist hier ein Paradebeispiel für die Herausforderungen und Auswirkungen dieser langlebigen Schadstoffe – doch das Problem geht weit über die Region hinaus.
Was sind PFAS und warum sind sie ein Problem?
PFAS sind synthetische Chemikalien, die aufgrund ihrer wasser-, fett- und schmutzabweisenden Eigenschaften in unzähligen Alltagsprodukten eingesetzt werden: von Pfannen mit Antihaftbeschichtung über Outdoor-Bekleidung bis hin zu Feuerlöschschäumen. Doch diese Eigenschaften haben ihren Preis: PFAS sind extrem stabil und bauen sich in der Umwelt nicht ab. Stattdessen reichern sie sich in Böden, Gewässern, Pflanzen, Tieren und sogar im Menschen an.
Die gesundheitlichen Risiken sind besorgniserregend: Studien zeigen, dass einige PFAS Lebererkrankungen, Immunsystemschäden und sogar Krebs verursachen können. Besonders heikel ist, dass PFAS auch über Lebensmittel und Trinkwasser aufgenommen werden können, wenn belastete Böden in landwirtschaftlicher Nutzung stehen.
Mittelbaden: Ein Hotspot der PFAS-Belastung
In der Region Mittelbaden, insbesondere in den Landkreisen Rastatt und Baden-Baden, wurde vor einigen Jahren eine der schwersten PFAS-Bodenbelastungen Deutschlands aufgedeckt. Ursache war die Ausbringung von mit PFAS belasteten Papierschlämmen auf landwirtschaftlichen Flächen.
Die Folgen sind gravierend: Rund 1.200 Hektar Land – etwa 12 Prozent der gesamten Ackerfläche der Region – sind kontaminiert. Diese Böden sind für die landwirtschaftliche Nutzung nur noch eingeschränkt geeignet, da sie PFAS in Pflanzen und damit in die Nahrungskette übertragen können. Die Behörden haben daraufhin ein "Vor-Ernte-Monitoring" eingeführt, bei dem landwirtschaftliche Produkte auf PFAS untersucht werden, bevor sie in den Handel gelangen. Dennoch bleibt die Situation schwierig: Die Sanierung solcher Böden ist aufwendig und teuer, oft fehlt es an effektiven Technologien.
PFAS – von den Böden in den Mund; Verbote gibt‘s nicht ohne Grund! (ChatGPT)
Deutschland: Maßnahmen gegen PFAS
Die PFAS-Kontamination ist kein rein regionales Problem. In Deutschland wurden bislang über 1.600 Standorte identifiziert, die vermutlich mit PFAS belastet sind. Dazu gehören Flughäfen, militärische Übungsplätze und Industriestandorte, an denen PFAS-haltige Feuerlöschschäume eingesetzt wurden.
Ein prominentes Beispiel ist der Flughafen Düsseldorf, wo PFAS das Grundwasser so stark belastet haben, dass ein angrenzender See für die Öffentlichkeit gesperrt wurde. Die Sanierungskosten solcher Gebiete gehen in die Millionen und stellen Kommunen und Unternehmen vor enorme Herausforderungen.
Ein weiteres Beispiel ist die PFAS-Bodenbelastung in Bayern im Landkreis Altötting rund um den Chemiepark Gendorf, die durch die Verwendung von PFAS-haltigen Chemikalien in der Industrie verursacht wurde. Auch hier stellen diese belasteten Böden nicht nur ein Umweltproblem dar, sondern gefährden auch die lokale Wasserversorgung und die Gesundheit der Bevölkerung.
Das globale Ausmaß der PFAS-Krise
Während Deutschland und Europa versuchen, durch striktere Regulierungen die Belastung zu senken, sind PFAS ein globales Problem. Studien zeigen, dass PFAS selbst in entlegenen Regionen wie der Arktis nachweisbar sind. Der atmosphärische Transport und die Langlebigkeit der Substanzen führen dazu, dass sie selbst in Gebieten ohne industrielle Aktivitäten vorkommen.
In den USA wurden PFAS in hunderten Wasserversorgungssystemen gefunden, was zu einer breiten öffentlichen Debatte und ersten Verbotsinitiativen geführt hat. China, als einer der größten PFAS-Produzenten, steht vor der Herausforderung, gleichzeitig wirtschaftliche Interessen zu wahren und Umweltprobleme einzudämmen. Die "PFAS-Büchse der Pandorra" ist überall geöffnet worden.
Was muss getan werden?
- Bessere politische Kompetenz: Die Politik zeigt oft unzureichendes Wissen über PFAS und deren Auswirkungen. Um fundierte Entscheidungen zu treffen, ist eine intensive Sensibilisierung von Entscheidungsträgern dringend erforderlich. Die Bekämpfung der PFAS-Kontamination erfordert einen umfassenden faktenbasierten Ansatz.
- Strengere Regulierungen: Weltweit müssen Herstellung, Nutzung und Entsorgung von PFAS strenger kontrolliert werden. In Europa gibt es erste Schritte, um PFAS als Gruppe zu regulieren und nicht nur einzelne Substanzen.
- Effektive Sanierungstechnologien: Technologien wie Aktivkohlefilter oder Bodenflushing müssen weiterentwickelt werden, um die Sanierungskosten zu senken und die Effektivität zu steigern.
- Aufklärung und Monitoring: Die Öffentlichkeit muss über PFAS informiert werden, und es bedarf umfassender Überwachungsprogramme, um neue Belastungen frühzeitig zu erkennen.
- Globaler Ansatz: Da PFAS keine Grenzen kennen, sind internationale Kooperationen erforderlich, um die Produktion und Nutzung dieser Substanzen weltweit zu regulieren.
"Studien über PFAS sind oft zu technisch und schwer greifbar, wodurch sie offenbar nicht die breite Masse erreichen. Artikel und Berichte erreichen durch ihre sporadische und oberflächliche Berichterstattung in allgemeinen Nachrichtenmagazinen nicht das benötigte Aufsehen, um die Dringlichkeit und das Ausmaß der Problematik repräsentieren zu können. Produkte, die PFAS enthalten, haben keine deutlichen Warnhinweise, die den Verbraucher auf die Risiken hinweisen" (Studierende KIT, SS2024, „Stell dir vor, du hast PFAS“)
Ein Weckruf zum Weltbodentag
PFAS sind eine der großen Umweltprobleme des letzten und des jetzigen Jahrhunderts. Sie verdeutlichen, wie technische Innovationen ohne angemessene Risikoabschätzung langfristige Umweltschäden verursachen können. Am Weltbodentag sollten wir nicht nur die Rolle der Böden für unsere Lebensgrundlage würdigen, sondern auch entschlossen handeln, um sie vor Schadstoffen wie PFAS zu schützen.
© Patricia Klatt
Links:
PFAS in Soil and Groundwater: Comprehensive Challenges and Progress in Regulation and Management in Germany, Annegret Biegel-Engler, Joerg Frauenstein, Pages 285-304, Open Access , in: International Yearbook of Soil Law and Policy 2022, Book, Open Access, © 2024, https://link.springer.com/book/10.1007/978-3-031-40609-6
Hintergrundgehalte und -werte von PFAS in Böden ländlicher Gebiete in Nordrhein-Westfalen, LANUV-Fachbericht 150, Februar 2024, https://www.lanuv.nrw.de/fileadmin/lanuvpubl/3_fachberichte/LANUV-Fachbericht_150.pdf