Hanfanbau auf PFAS-Flächen, Symbolbild Klatt

Hanfanbau zur Phytosanierung von PFAS-Flächen?

Kann man gezielt Pflanzen auf PFAS-Äckern anbauen, die die Schadstoffe aus dem Boden ziehen? Die Phytosanierung ist eine kostengünstige, weniger schädliche, flexible und effektive Methode zur Entfernung von Schadstoffen, die geringe Wartungskosten verursacht.

Auch in Mittelbaden geht man dieser Frage nach, die Ergebnisse sind durchwachsen.

 Der größte Nachteil des Hanfanbaus zur Phytosanierung ist der enorme Zeitaufwand für die Sanierung des kontaminierten Bodens. Das ist bei PFAS-Böden nicht anders, trotzdem sucht man immer wieder nach „DER“ geeigneten Pflanze zur Dekontamination der Böden. 
Hanf wäre da möglicherweise eine Option.

Man darf nur verhalten optimistisch sein, denn bei anderen PFC-Gebieten hat sich bereits gezeigt, dass Hanf die Chemikalien grundsätzlich aufnehmen kann. So konnten australische Wissenschaftler zeigen, dass Hanfproteinpulver hochwirksam bei der Entfernung von PFC aus kontaminiertem Grundwasser ist. Und schwedische Wissenschaftler fanden in Hanfpflanzen, die auf PFC-Böden wuchsen, hohe Konzentrationen in den Blättern und deutlich niedrigere Mengen in Stengel und Wurzeln. Würde sich so etwas auch bei uns bestätigen, könnte Hanf vielleicht als Unterstützung bei der Bodensanierung dienen, aber auch hier stellt sich die Frage nach der Anschlussverwertung inklusive Kosten. Ebenso wie die nach der Zeitdauer, denn die Schweden berechneten je nach untersuchtem PFC als theoretischen Zeitraum einer Sanierung mit Hanf 13 bis 31.000 Jahre. 

Der Industriegigant 3M erforscht den Einsatz von Hanf, um in Belgien die PFAS-Probleme anzugehen (die 3M selber mit verursacht hat).

 

 Hanfprojekte in Mittelbaden

Das Landwirtschaftliche Technologiezentrum (LTZ) Augustenberg experimentiert mit diesen Pflanzen, die dort auf PFAS-Böden gezogen werden. Auch hier sind die Ergebnisse beziehungsweise die Konsequenzen daraus eher durchwachsen. Auf meine Nachfrage teilte man mir mit:

Aufgrund der im Raum Mittelbaden vorliegenden Bodenverunreinigung mit PFAS, die sich nicht nur aus den im Boden und in den Pflanzen routinemäßig gemessenen kurz- und langkettigen Perfluorcarbonsäuren (PFCA) und Perfluorsulfonsäuren (PFSA) zusammensetzt, sondern auch aus den sogenannten Vorläuferverbindungen, die unter den vorliegenden Umweltbedingungen in die kurz- und langkettigen PFCA und PFSA transformiert werden, gestaltet sich eine Phytosanierung als sehr schwierig.
Die Pflanzen nehmen in erster Linie kurzkettige PFCA aus dem Boden auf. Die anderen PFAS bleiben im Boden bzw. werden teilweise im Laufe der Zeit ausgewaschen. Eine Phytosanierung würde also immer nur einen sehr kleinen Teil der in diesen Böden vorliegenden PFAS erfassen.

PFAS-Enzug durch Hanf im Vergleich zu Gesamtgehalt im Boden gering

Hinzu kommt, dass der PFAS-Entzug durch die Pflanzen in Summe pro Hektar im Vergleich zu den gemessenen Gehalten im Boden gering ist. Für das erste Versuchsjahr des PFAS-Öl- und Faserpflanzenversuchs haben wir die Entzüge für den oberirdischen Hanfaufwuchs, der einerseits in seinen Blättern und Blüten mit die höchsten je von uns gemessen PFAS-Gehalte aufwies und gleichzeitig eine große Biomasse bildete, berechnet. Auch der Hanf nahm in erster Linie kurzkettige PFCA auf, es wurden aber auch einige langkettige PFCA im Aufwuchs detektiert. In den Bodenproben des Versuchs wurden keine kurzkettige PFCA detektiert (was vermutlich an der damals noch recht hohen Bestimmungsgrenze für die Analyse lag), so dass das Phytosanierungspotential nur für wenige langkettige PFAS berechnet werden konnte.

Für PFOA kam eine Anbaudauer von 180 Jahren, für PFDA eine Anbaudauer von 3130 Jahren (kein Schreibfehler) zur vollständigen Entziehung der im Boden gemessenen PFAS heraus. Das berücksichtigt allerdings nicht, dass diese PFCA weiterhin aus den Vorläufersubstanzen nachgebildet werden können/könnten. Damit ist das Potential einer Phytosanierung selbst mit einer Pflanze wie Hanf sehr gering. Wir werden diese Berechnung, sobald alle Analyseergebnisse der drei Versuchsjahre vorliegen, mit allen Daten wiederholen und die Auswertungen veröffentlichen.

Weiterhin muss bei der Phytosanierung bedacht werden, dass das belastete Pflanzenmaterial in einer Art vernichtet werden muss, die eine weitere Freisetzung von PFAS in die Umwelt verhindert – das heißt, es bedarf nach derzeitigem Kenntnisstand einer Verbrennung bei sehr hohen Temperaturen und einer guten Rauchgaswaschanlage, um die entstehenden Fluorgase aufzufangen. Bei dem geringen Effekt, den die Phytosanierung auf die PFAS-Gehalte im Boden nach derzeitigem Kenntnisstand hat, steht der Aufwand des gesamten Verfahrens nicht in einem adäquaten Verhältnis zur Sanierungswirkung.

Soweit der aktuelle "Hanf-Stand" in Mittelbaden, den das LTZ untersucht. Der abschließende Bericht ist noch nicht veröffentlicht (Februar 2024).

 

 


Link: Phytoremediation potential for poly- and perfluoroalkyl substances (PFASs) using various plant species.

 

 

 

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